Use it or lose it

So ein Tag ist schon verdammt kurz angesichts der Menge an Dingen, die man laufend ausprobieren und lernen möchte. Vor allem die nach Abzug von Arbeit, Haushaltspflichten und anderen notwendigen Tätigkeiten netto verbleibende Zeit. Und da beginnt das Problem: Um die vielen Dinge, die man im Laufe des Lebens gelernt hat, nicht wieder zu verlernen, müsste man sie regelmäßig (aus)üben, wozu die freie Zeit aber in den wenigsten Fällen reicht. „Use it or lose it“ – das gilt für Sprachen ebenso, wie für andere Fertigkeiten wie etwa Zeichnen oder auch Sportarten.

Mit ein paar kleinen Adaptionen und bewussten Entscheidungen im Alltag kann man es aber dennoch schaffen, die meisten Fähigkeiten „frisch“ zu halten. Vielleicht erscheint das manchmal mühsam, aber es schadet generell nicht, sich öfters aus seiner Komfortzone hinaus zu bewegen bzw. diese zu erweitern. Hier ein paar meiner Strategien:

Unsere wöchentlichen Haushaltsabrechnungen, bei denen wir alle Ausgaben halbe-halbe aufteilen, mache ich prinzipiell ohne Taschenrechner. Lange Zahlenkolonnen zu addieren bleibt damit eine Fingerübung und funktioniert notfalls auch im Kopf perfekt.

Online-Artikel, die in mehreren Sprachen verfügbar sind, lese ich ganz gerne in einer Fremdsprache, die ich zwar gelernt habe, aber sonst nur selten verwende, wie beispielsweise Italienisch. Auch wenn man nach den Jahren weit davon entfernt ist, flüssig zu sprechen, versteht man doch fast alles, was man liest, und hält den Wortschatz lebendig bzw. kann ihn manchmal um das eine oder andere Vokabel erweitern.
Das gilt auch für englischsprachige Bücher, die ich wann immer möglich in der englischen Originalversion lese, und nicht in der deutschen Übersetzung. Viele Filme auf DVD haben zudem Tonspuren und Untertitel in verschiedensten Sprachen. Auch hier kann man zur Abwechslung einmal die Einstellungen variieren, um das Sprachgedächtnis ein bisschen aufzupolieren. Und daheim einmal zum Spaß festzulegen, dass einen Abend lang nur eine Fremdsprache gesprochen wird, ist nicht nur lustig, sondern je nach Wissensgrad auch ziemlich fordernd und spannend.

Was körperliche Skills und Bewegungsabläufe betrifft, so kann man ja ohne weiteres einmal mit dem Waveboard in die Bibliothek fahren – danke Verena für’s Beibringen 🙂 – oder ein Telefonat auf der Slackline balancierend führen. Einmal zu versuchen, eine Last im Garten auf dem Kopf austariert zu transportieren, was bei vielen Völkern eine mühelos bewältigbare Aufgabe zu sein scheint, führt einem die eigene schlechte Körperhaltung und den vergleichsweise „patschert“ wirkenden Fortbewegungsstil vor Augen. Und spornt an, das vielleicht doch einmal zu schaffen.

Wenn ich Zeit habe, dann versuche ich erinnerungswürdige Dinge nicht mehr einfach mit der Handy-Kamera zu fotografieren, sondern zu zeichnen. Manchmal ist es auch lustig, einfach die alte Gitarre einmal wieder zur Hand zu nehmen und zu probieren, ob man die Akkorde noch richtig hinbekommt. Und als vor kurzem ein Diskonter ein günstiges Blockflöten-Set im Angebot hatte, konnte ich nicht widerstehen, es zu kaufen und gleich auszuprobieren. Mit Erfolg – obwohl ich so ein Ding seit weit mehr als 20 Jahren nicht mehr in der Hand hatte, hab ich es nach 15 Minuten geschafft, die Noten korrekt zu lesen und in die entsprechenden Töne umzusetzen. Sehr fein.

Notwendige Reparaturen in Haus und Garten versuchen wir prinzipiell selber durchzuführen, und es ist manchmal wirklich fordernd, sich zur Aufgabe zu machen, etwas mit vorhandenen Mitteln zu reparieren oder zu bauen, ohne weiteres Zeugs zu kaufen. Generell sind Recycling und Selbermachen gute Ansätze um die eigenen Fähigkeiten zu erhalten und zu erweitern. Einmal wieder etwas selber zu häkeln oder zu stricken schadet auch nicht, und ist eine nette Beschäftigung, um nach einem anstrengenden hirn-lastigen Arbeitstag „runterzukommen“.

Mein Fazit ist, dass man nichts im Leben umsonst lernt, und einem alles irgendwann einmal zugutekommt. Je mehr Fähigkeiten man sich aneignet, desto kreativer und umfassender kann man seine Aufgaben lösen, und desto leichter kann man meines Erachtens auch Neues lernen, wenn man am Ball bleibt.
In diesem Sinne … let’s sew, knit, crochet, draw, sing, play music, do handicrafts, recycle, live creatively and sustainably. 🙂