Spielen wie früher

Das erste Quartal dieses Jahres war eines der stressigsten, an das ich mich zeitlebens erinnern kann: Viele (große) Projekte, neue Kunden, ständiger Zeitdruck … Datenschutzausbildung zur DSGVO … Schulter- und Kreuzschmerzen durch das dauernde Sitzen … daheim eine Baustelle mit jeder Menge Todos … und zum Drüberstreuen natürlich Beziehung, Tiere und Haushalt. Manchmal wird mir echt schwindlig, aber irgendwie geht’s doch immer wieder rundum. Und was macht man, wenn’s draußen scheußlich ist, man selber am Zahnfleisch daherkommt und keine Ruhe findet? Man setzt sich wiederum vor den Computer, wirft den Commodore-64 Emulator an und ist in Windeseile wieder 13 Jahre alt. Naja, nicht ganz – aber zumindest im Gemüt. 😀

Emulatoren, die den C-64 auf modernen Betriebssystemen wieder zum Leben erwecken, gibt es einige – z.B. CCS, Vice oder Emu64.
Und auch an den alten Spielen, die ich als Kind geliebt und zuweilen exzessiv gespielt habe, herrscht wahrlich kein Mangel. Seit rund zwei Jahren bin ich nun schon Mitglied im C64-Gamesclub und sitze daher auf einem Riesenvorrat dieser einfachen, aber zuweilen extrem genialen Computerspiele. Leider nutze ich das nur viel zu selten, aber jetzt war’s einfach wieder einmal fällig.

Eigentlich interessant, wie unterschwellig diese Dinge ihre Wirkung entfalten: Ich höre die Intro eines meiner Lieblingsspiele, und sofort macht sich in mir das Gefühl breit, als säße ich in meinem Kinderzimmer – coolerweise natürlich mit heruntergelassenen Rollläden – und wäre im Reich des Golden Talisman, in den Shamus-Welten, als Rick Dangerous oder Master of Lamps unterwegs. Aaaaarrgh! Ich kann nur sagen – ich liebe es! Aber das versteht vermutlich nur jemand in meiner Generation, der das Glück hatte, ebenfalls mit dem „Brotkasten“ aufzuwachsen. 🙂

Master of the Lamps

Rückblickend ist es für mich ein Wunder, was aus diesem Computer herausgeholt wurde – mit 64 KB RAM + 20 KB ROM, 320 × 200, 16 Farben und natürlich dem legendären Soundchip SID 6581.
Ich kann mich noch gut an die irrsinnig coolen Hacker-Intros auf den *ähem* nicht ganz offiziellen 5 1/4 Zoll Disketten erinnern, und natürlich an die genialen Melodien vieler meiner Lieblingsspiele in unverkennbarem C64-Sound. Diese sind noch heute Kult und werden vielfach neu gemixt – siehe z.B. http://remix.kwed.org/ oder http://www.remix64.com/. Reinhören lohnt sich!

Die größte Herausforderung für ein ungetrübtes Spielvergnügen war – zumindest für mich – die Anschaffung eines brauchbaren Joysticks. Die modernen proportionalen Ausgaben taugen für die 64-er-Spiele definitiv nichts. Da braucht es eine alte „Klick-Schalter“-Ausgabe, die man jedoch kaum mehr in vernünftiger Qualität bekommt. Zum Glück ist aus Altbeständen noch ein alter Competition Pro SL-6602 aufgetaucht, der mittlerweile auf Amazon gebraucht um rund 50 Euro gehandelt wird. Meine Güte – Joystickhersteller, bitte aufwachen! Meine Generation will auch noch retro-daddeln und hat Bedarf am notwendigen Werkzeug!

Wonderboy C64

So weit, so gut. Ich bin auf jeden Fall draufgekommen, dass dies DAS Anti-Stress-Mittel schlechthin ist. Man spielt Krakout und wartet, bis die Musik „lätschert“ wird (Insider-Witz). Politisch völlig inkorrekt praktiziert man Frauenweitwurf in den Ugh-Lympics und baut auf anspruchsvolle Weise Moleküle in Atomix. Natürlich muss man sich in Spy vs Spy und Last Ninja wieder einmal beweisen und Zak McKraken, Wonderboy und Shamus anwerfen. Und in Kürze schaff ich sicher auch wieder den großen Coup in They Stole a Million.

Gute Laune und (leider temporäre) Verjüngung um mindestens 30 Jahre kommen frei Haus mitgeliefert. Mit dem feinen Unterschied, dass man mittlerweile ein Bierchen dazu heben darf. Herrlich! 😀