Am Brautag im Brauwerk

Diese Woche hab ich mit Papa den Brautag im Brauwerk am Gelände der Ottakringer Brauerei in Wien besucht. Im Brauwerk werden von Braumeister Martin Simion in kleinem aber feinem Rahmen ganz außergewöhnliche Biere gebraut – neben den vier Hausmarken immer wieder „Kleinauflagen“ spezieller Biersorten oder auch Auftragsarbeiten. Der Seminartag war für mich als Bierliebhaberin ein echter Gewinn. Neben umfassenden Informationen zum Brauprozess und ausgiebiger Bierverkostung  gab es auch eine Brauereiführung in den teilweise denkmalgeschützten Gebäuden der großen Ottakringer Brauerei. Was mich dabei am meisten fasziniert hat, ist die unglaubliche Bandbreite an Sorten und Geschmäckern, die man aus so wenigen Einzelzutaten (Getreidemalz, Hefe, Hopfen) kreieren kann!

Die Ottakringer Brauerei

Gleich zu Beginn des Brautags haben wir mit dem Maischen begonnen. Die erforderliche Menge Gerstenmalz wird dazu in einer Mühle geschrotet, in den  Maischebottich gefördert und dort mit dem Brauwasser vermengt.

Mühle zum Malz schroten

Unter stetigem Rühren wird die Maische langsam in mehreren Stufen erwärmt, was u.a. die Enzyme aktiviert, die das Eiweiß im Getreide abbauen und Stärke in den später vergärbaren Zucker umwandeln. Der ganze Vorgang dauert etwa 1,5 Stunden. Danach wird mit einem Tropfen Jod festgestellt, ob die Maische noch Stärke enthält oder bereits alles in Zucker umgewandelt worden ist: Die Maische-Probe verfärbt sich beim Jodtest nicht mehr schwarz.

Beim darauffolgenden Abläutern wird die Maische gefiltert. Die Spelzen der Gerste bilden dabei eine natürliche Filterschicht und machen sie daher zum idealen Getreide für’s Bierbrauen. Alle festen Bestandteile bleiben letztlich als sogenannter Treber im Läuterbottich zurück. Dieser wird zumeist landwirtschaftlich weiterverwertet (Tierfutter).

Würzepfanne

Danach geht es ans Kochen der Würze. In den rund 1 bis 1,5 Stunden Kochzeit wird der Hopfen beigemengt und die Würze sterilisiert. Eiweißbestandteile werden ausgeschieden und auch unerwünschte Aromen aus dem Malz ausgedampft. Mit einer Spindel haben wir dann die Stammwürze gemessen. Sie bezeichnet den Anteil der im Wasser gelösten, nicht flüssigen Stoffe vor der Gärung (Gramm Malz/Hopfen Extrakt / 100 ml Würze). Grob entspricht sie ungefähr dem Doppelten des Alkoholgehalts des vergorenen Bieres.

Spindel der Stammwürze

Die Hopfengabe beim Kochen hängt dabei von der jeweiligen Rezeptur ab. Prinzipiell werden die bitteren und aromatischen Stoffe während dem Erhitzen aus dem Hopfen gelöst. Durch Hopfensorte und Zeitpunkt der Zugabe kann hier eine sehr große Bandbreite an Geschmack erzeugt werden. Späte Gaben bringen flüchtige Aromen aus Hopfen- und ätherischen Ölen in die Würze, weshalb bis zu vier Hopfengaben pro Brauvorgang üblich sind.

Im sogenannten Whirlpool wird anschließend der Heißtrub von der heißen Würze getrennt und die Flüssigkeit auf Gärtemperatur abgekühlt (je nach Hefesorte 6 bis 25 Grad; ober-/untergärig). Im Anschluss landet sie zusammen mit der Hefe im Gärbottich, wo die Hefezellen in rund 8 Tagen Hauptgärung den Zucker zu Alkohol vergären. Danach reift das Bier aus und wird abgefüllt.

Durch die Variation der Zutaten (Malz-, Hopfen- und Hefesorten) ist bereits eine irrsinnige Bandbreite an verschiedenen Biersorten möglich. Aber auch durch Anpassen der Temperaturstufen beim Einmaischen und durch den Zeitpunkt der Hopfengaben kann man das Ergebnis maßgeblich beeinflussen. Ich bin wirklich schwer fasziniert von dem ganzen Vorgang und habe beschlossen, diesen Winter einmal selber einen Brauversuch mit meinem hauseigenen Hopfen zu starten. Vorerst halt einmal mit einfachsten Mitteln mit meinem Sterilisiertopf, bei dem man die Temperatur elektronisch regeln kann.

Im Übrigen war auch die Führung durch die große Ottakringer Brauerei ein echtes Highlight. Die Größe der Tanks, Komplexität der Anlage und die hier täglich produzierten Mengen machen einen wirklich schwindlig. Echt super sind auch die ehemaligen Lagerfässer im Keller der Gebäude. Ich will gar nicht dran denken, wie die vor rund 200 Jahren ausgebuddelt und errichtet wurden. Wahnsinn.

Riesige Bierfässer im Keller

Auch mussten diese riesigen Fässer immer wieder hinausgerollt, gereinigt und überholt werden. Brauer war früher ein echter Knochenjob, wie uns Herr Simion erzählt hat – wir glauben’s sofort!

Es gäbe noch viel mehr zum Thema zu erzählen, das wir an diesem Tag erfahren und gelernt haben. Für alle, die es interessiert, kann ich den Besuch eines Brautags nur wärmstens empfehlen. So ganz nebenbei hab ich auch mein neues Lieblingsbier entdeckt – die Hausmarke Nr. 2 – das Session IPA. Extrem herb, wie ich es gerne mag, mit einer fruchtigen Note – herrlich. 🙂