Bad News

Ente schlecht, alles schlecht. Mein Viktor ist vergangenes Wochenende erblindet. Der Tierarzt hat nur zwei Erklärungen dafür: Durch Unerfahrenheit giftige Pflanzen erwischt, oder ein fehlgeschlagener Flugversuch, der mit einem Trauma und Einblutungen beim Sehnerv geendet hat. Ersteres können wir beinahe ausschließen, zweiteres klingt leider durchaus plausibel. Es sieht nach fast einer Woche nicht so aus, als wäre die Verletzung reversibel. Ich bin dementsprechend traurig, weil ich den Kleinen sehr ins Herz geschlossen habe, und ihn gerne in Kürze in sein richtiges Entenleben entlassen hätte.

Daraus wird nun leider nichts. Dennoch meint der Tierarzt, dass Viktor trotz Blindheit ein angemessenes Leben führen kann, wenn man ihm im Garten ein Areal mit Bademöglichkeit herrichtet und ihn dort immer nach demselben Schema versorgt. Alles muss an seinem Platz bleiben, damit er sich auch ohne Gesichtssinn zurechtfinden kann. Ich hab schon mit der Einrichtung begonnen.

Und aus lauter Frust wird es jetzt mal Zeit so richtig Dampf abzulassen. Normalerweise bin ich im Alltag ganz gut drauf, aber im Moment packt mich teilweise echt der Weltschmerz, und ich denke mir in vielen Bereichen … Leute, geht’s eigentlich noch?

Da gibt’s (besonders junge) Menschen, die sich stundenlang anstellen um ohne mit der Wimper zu zucken ein neues Telefon um Hunderte von Euros zu kaufen, obwohl das alte noch einwandfrei zu benutzen wäre. Und auf der anderen Seite wird gejammert, wie „teuer“ denn die Lebensmittel geworden seien – und das bei Produkten, die eigentlich zu Schleuderpreisen verkauft werden, von denen nicht mal die Produzenten ordentlich leben können. Naja, wenn in Österreichs Haushalten 300.000 Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeschmissen werden, dann kann’s wohl so teuer nicht sein, oder? Außer vielleicht man kauft nur hochverarbeitetes Fertigfutter, das die Bezeichnung Lebensmittel eigentlich gar nicht verdient hat.
Im Vergleich zu früher geben wir einen beschämend geringen Teil unseres Einkommens für Lebensmittel aus, was vermutlich der Grund ist, warum wir sie nicht mehr wirklich schätzen. Vielleicht sollten wir da einmal unsere Wertigkeiten ein bisschen korrigieren …

iPhone 6 – rund 600 Euro aufwärts
1 Liter Milch – rund 1,20 Euro
1 Kilogramm Erdäpfel – rund 1 Euro
Aktions-Hühnerteile um 5 Euro pro Kilo auf dem 600 Euro Weber-Grill

Geht’s noch?

Die Leute setzen sich scharenweise ins Auto um damit in ein Fitnessstudio zu fahren, wo sie versuchen, möglichst viel Energie zu verbrauchen – mitunter an Geräten, die selber Strom verbrauchen. Wenn es dafür keine medizinischen (oder meinetwegen zumindest leistungssportlichen) Gründe gibt, was bei der Mehrheit definitiv nicht der Fall ist, dann ist das eigentlich ziemlich absurd, oder? Wie wär’s damit, öfter mal das Auto stehen zu lassen und zu Fuß wohin zu marschieren oder mit dem Rad zu fahren? Schont Umwelt und Geldbeutel und kann auch nicht mehr Zeit in Anspruch zu nehmen, als laufend in den Fitnesstempel zu pilgern.
Vor Jahren hatte ich einmal ein geschenktes Abo in so einer Einrichtung, die sicher nicht am unteren Ende der Palette angesiedelt war, und habe es eigentlich nur als abschreckend empfunden. Ich glaube, dass ich keine drei Mal dort war. Allein um die Luft dort zu atmen muss man masochistische Züge mitbringen. Faszinierend, wie es dort müffelt – fast wie zu Schulzeiten in der Umkleidekammer des Turnsaals. Besser vielleicht doch eine Runde an der frischen Luft spazieren oder meinetwegen laufen gehen? Oder vielleicht doch mal mit Maß und Ziel konsumieren und folgerichtig mit dem Kalorienzählen aufhören, damit man die überschüssige Energie dann nicht mit verbissener Miene an irgendwelchen Foltergeräten wieder loswerden muss? Geht’s noch?

Die Mehrheit der Menschen in der westlichen Welt stopft sich rein, was sie kriegen kann. Auf allen Kanälen, allen voran auch beim Essen. Feine Sache – davon lebt nämlich die Pharmabranche wirklich gut, indem sie ihre cholesterin- und blutdrucksenkenden Drogen an immer jüngere Konsumenten verkauft, denen der Stoffwechsel vollkommen entglitten ist. Nebenwirkungen inklusive. Und nicht nur die Masse an gefutterten Kalorien ist das Problem, sondern auch die Art: Berge an Fleisch. Hochverarbeitete Nahrungsmittel, die außer Kalorien nichts mehr bieten, was den Begriff Lebensmittel rechtfertigen würde. Zuckerbomben, aufgepeppt mit künstlichen Geschmacksstoffen.
Ja klar, fürs Kochen haben wir ja keine Zeit mehr, aber für Facebook und Internet am laufenden Band, Fitnesscenter & Co. reicht sie allemal. Kurz mit dem Auto zum McDonalds fahren anstatt daheim eine herrliche (und billige) 15-Minuten One-Pot-Pasta zu zaubern, heißt vielfach die Devise. Geht’s noch?

Unsere Haustiere verhätscheln und verwöhnen wir sehr gerne (Ausnahmen bestätigen die Regel), aber bei Nutztieren schauen wir geflissentlich weg, wenn wieder einmal ein grober Missstand aufgedeckt und bekannt wird, wie Rinder, Schweine und Geflügel gequält wurden, damit wir unser billiges Stück Fleisch auf dem Griller schmeißen können. Was hier teilweise passiert, hat jeden menschlichen Maßstab verloren. Wenn schon Fleisch, dann wäre Ware aus halbwegs human erwirtschafteten Quellen natürlich eine schöne Alternative. Aber dann würde das Kilo Schweinsschnitzel ja deutlich über 7 Euro kosten – beinahe unleistbar, oder? Geht’s noch?

Einen Blick auf die internationale Politik wirft man im Moment sowieso besser nicht. Da rittern selbstherrliche Machos mit Frechheit und Polemik um die Macht, denen man im Normalfall guten Gewissens nur eine Überweisung zur Psychotherapie in die Hand drücken könnte. Und finden auch noch ihre Wähler. Geht’s noch?

So, das musste jetzt leider einmal raus. Die Liste ließe sich noch länger fortsetzen, aber ich möchte nicht für dadurch verursachte depressive Anfälle verantwortlich gemacht werden, an denen sowieso wieder nur die Pharmabranche verdienen würde.
Ich weiß nicht, ob nur ich das alles mit zunehmenden Alter extrem absurd finde. Entweder hab ich eine veritable Mid-Life-Crisis, oder ich werde schön langsam alters-schrullig.

Was soll’s … *Weltschmerz aus* … und weiter geht’s. Man macht eben mit bestem Wissen und Gewissen so gut man kann, dann braucht man sich wenigstens nichts vorzuwerfen, wenn alles den Bach runtergeht. Unter es gibt ja auch noch Lichtblicke. 🙂