Kräuter in Hülle und Fülle

Die Fülle an blühenden Kräutern ist im Moment wirklich eine Wucht. Nicht nur für unsere Augen und Nasen, sondern auch für die Insekten. So viele Schmetterlinge wie dieses Jahr hab ich noch nie auf einem Fleck gesehen. Rund um die brachliegenden Wiesen in der Nachbarschaft und auch im eigenen Garten tummeln sie sich in Schwärmen zu Dutzenden. Eine absolute Freude!

Dadurch, dass wir einen sehr großen Garten mit mehreren relativ naturbelassenen Bereichen haben, hab ich Kräuter bisher vorzugsweise am eigenen Grundstück gesammelt. Hier gibt’s keine Bedenken wegen Pestiziden oder Kunstdünger, und ich weiß auch ganz gut, wo meine Hunde ihr Geschäft verrichten, und wo nicht.

Durch die Ausbildung zur Kräuterpädagogin, die im Mai begonnen hat, bin ich aber nun gezwungen, noch viel mehr in der Umgebung herumzustreunen um weitere Pflanzen zu bestimmen, fürs Herbarium zu sammeln und auch zu verwerten. Die eher feuchten Gebiete rund um die Schönauer Teiche und entlang des Wiener Neustädter Kanals bieten im Kleinen eine ganz andere Flora als beispielsweise die Trockenrasen in Bahnhofsnähe.

Faszinierend finde ich besonders die verwilderten Wiesenstreifen zwischen den Betrieben und nicht bewirtschafteten Weingärten in unserer Nachbarschaft. Niemand mäht hier, keiner düngt und spritzt, und man meint, dass auf den steinigen und verhärteten Böden wohl kaum etwas wachsen kann. Das Gegenteil ist der Fall!

Massenhaft blühender Steinklee und Johanniskraut färbt die Flächen gelb. Dazwischen finden sich jede Menge Labkräuter, Steppensalbei, Kleesorten, Flockenblumen und auch wunderbare Königskerzen und riesige Karden.

Exhtes Labkraut

Flockenblume mit Schmetterlingen

Im Grunde ist es total schade, dass diese ökologisch sicher sehr wertvollen Brachflächen im Zuge der anstehenden Baulandumlegung wahrscheinlich zu kultivierten Minigärten rund um ein paar Reihenhäuser und Wohnblöcke werden. Da geht ein wunderbares Insektenhabitat verloren. Auf der anderen Seite ist auch verständlich, dass siedlungstechnisch hochwertiger Grund in Bahnhofsnähe erschlossen werden soll. Passen Verkehrsanbindung und Infrastruktur, so kommt das der Umwelt auch zugute, weil sich die Wege verringern, die nur mit dem KFZ erledigt werden können.

Schachbrett Schmetterling

Wie auch immer – ich hab bei mehreren Rundgängen aus dem Vollen geschöpft und ein paar reichhaltige Kräutersträuße zum Trocknen nach Hause gebracht. Aus dem Johanniskraut setze ich Rotöl an, der Steinklee wird zu Venentinktur verarbeitet.

Viele andere Arten wandern in die Pflanzenpresse und später in mein neu angelegtes Herbarium. Dazu plane ich kommende Woche einen eigenen Beitrag.

Schachbrett-Schmetterling auf Flockenblume

Was mich immer wieder stutzig macht ist, wie wenige Menschen sich für die Flora ihrer Umgebung interessieren. Im nahen Auwald sprießt im Frühjahr der Bärlauch so flächendeckend, dass man das Gefühl hat, auf einem Knoblauchteppich zu spazieren. Pflücken und verwerten tun ihn nur sehr wenige Leute. Was einerseits gut ist, weil sich der Bestand dann ungestört ausbreiten kann, andererseits auch sehr seltsam, zumal Bärlauch auch auf den Märkten im Umkreis angeboten und fleißig (um oft teures Geld) gekauft wird.

Bei meinen Ausflügen hab ich auch noch nie jemand anderen beobachtet, der mit Bestimmungsbuch und gefülltem Kräuterkorb durch die Gegend pirscht. Im Gegenteil – wenn, dann werde ich angesprochen, was ich denn mit dem ganzen „Unkraut“ vorhabe.
Manchmal kommt es mir so vor, als hätten wir als Gesellschaft komplett den Bezug zu unserer Umwelt verloren. Was es nicht zu kaufen gibt, existiert in den meisten Köpfen offensichtlich gar nicht mehr. Dabei wären gerade die Wildkräuter vor unserer Haustüre eine kostenlose und ökologisch sehr wertvolle Alternative zu vielen industriell hergestellten Produkten.

Die Sache beschäftigt mich mittlerweile so stark, dass ich den Themenkreis als Arbeitsgrundlage für meine Diplomarbeit der Kräuterpädagogik eingereicht habe. Der Vorschlag wurde angenommen, und ich darf mich jetzt in den kommenden Monaten professioneller mit meinen „grünen Helfern vor der Haustüre“ beschäftigen. Sehr fein! 🙂

Hier noch eine aktuelle Impression von unserer Hauseinfahrt – die Taglilien stehen in voller Blüte.

Taglilien in voller Blüte