Ein richtiges Hexenkraut …

Im Frühjahr hab ich eine mir unbekannte, eigenartig anmutende Pflanze unter meiner neu gepflanzten Quitte entdeckt. Ohne Blüte hab ich es nicht geschafft, sie zu bestimmen und aus Neugier einfach weiterwachsen lassen. Und siehe da – im Mai hat sie sich dann als hochgiftiges, sehr seltenes Bilsenkraut zu erkennen gegeben! Eine wunderschöne Pflanze, die es wahrlich in sich hat.

Das Schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) ist ein Nachtschattengewächs, das bis zu 30 cm hoch wird. Es wächst ein- bis zweijährig ganz vereinzelt im Brachland und ist streng geschützt. Was mir die Ehre bereitet, dass dieses wunderschöne Exemplar in meinem Garten Wurzeln geschlagen hat, weiß ich nicht. Ich nehme es mal als Wink mit dem Zaunpfahl, meine „Kräuterhexen-Aktivitäten“ noch auszuweiten. 😉

Schwarzes Bilsenkraut

Jedenfalls ranken sich um das Gewächs eine Menge Legenden und Mythen. So soll die Hexe Circe Odysseus‘ Gefährten mit einem Trunk aus Bilsenkraut in Schweine verwandelt haben. Auch wurde es dazu eingesetzt, das Leiden von zum Tode Verurteilten zu lindern – ähnlich wie auch der Schierling und die Alraune. Bei schmerzhaften Operationen wurde der Saft von Schlafmohn und Bilsenkraut auf ein Tuch aufgetragen und dem Patienten über die Nase gebunden.  Aber die Dosis macht bekanntlich das Gift, und so wurde es außer zur Schmerzlinderung auch für Todestränke eingesetzt.

Schwarzes Bilsenkraut

Im einfachen Volk galt es als Zauberkraut und wird auch heute noch sehr oft in Verbindung mit der „schwarzen Magie“ gebracht.
Das Bilsenkraut war im Übrigen eine der wichtigsten Zutaten für die Flugsalben der Hexen. Man vermutet, dass hierzu sowohl Blätter als auch Samen verwendet wurden. Nicht wenige sind vermutlich daran gestorben.

Interessanterweise wird das Schwarze Bilsenkraut anscheinend auch heute noch medizinisch verwendet, wenn auch sehr selten – z.B. bei starken Darmkrämpfen und Tremor. Vor der innerlichen Einnahme wird jedoch durchwegs gewarnt. Die Pflanze ist eng verwandt mit Tollkirsche und Stechapfel und die Vergiftungssymptome sind bei allen dreien ähnlich: Bewusstseinsstörungen, Krämpfe, Erbrechen. In diesen Fällen sollte man nicht zögern und sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Ich muss gestehen, dass ich einen Heidenrespekt vor der Pflanze habe. Man kann anscheinend die Blätter in Öl ausziehen und dies dann als schmerzlindernde Einreibung bei rheumatischen Beschwerden verwenden. Ich hab mich schlicht und einfach nicht getraut. Ab einer Blattmenge von 0,5 g (innerlich eingenommen) kann es bereits zu Vergiftungen kommen, und bei Kindern können schon 15 Stück der winzig kleinen Samen tödlich wirken.
Und trotzdem wünsche ich mir sehr, dass die Zauberpflanze auch nächstes Jahr im Garten wieder Wurzeln schlägt.

Seit Mai ist das Kraut wunderbar gewachsen und hat nach und nach einen ganzen Stängel voller Blüten hervorgebracht. Nur die Trockenheit der letzten Tage hat ihm nicht wirklich gut getan. Ich hab nun die Samenkapseln abgenommen, bevor sie ganz abtrocknen und aufbrechen. Angeblich ist die Kultur des Bilsenkrauts sehr schwierig. Aber ich denke, wenn es ihm dieses Jahr bei mir gefallen hat, dann habe ich auch zukünftig eine Chance.

Bilsenkraut Samenkapseln

Ende Mai ist auch noch ein anderes Hexenkraut neben der Gartendusche aufgeblüht, dass ich vorher ebenfalls nicht gekannt – geschweige denn gepflanzt – habe: Der Schlafmohn. Schön langsam frag ich mich echt, was dieses Jahr in meinem Garten los ist. Und da man ja immer sagt, die Kräuter kommen zum Menschen wie er sie braucht, sollte ich mich vielleicht einmal ernsthaft fragen, was da gerade ansteht. 😀

Jedenfalls ist auch der Schlafmohn eine wunderschöne Pflanze:

Schlafmohn

Schlafmohn

Wenn ich nicht so feig wäre, würde ich jetzt sagen: Tschüss Leute, ich schwing mich dann mal auf meinen Besen und flieg eine Runde. 😉