Ein Herbarium entsteht

Im Rahmen meiner Ausbildung zur diplomierten Kräuterpädagogin muss ich in den kommenden Monaten ein Herbarium über mindestens 40 Wildkräuter anlegen. Bisher hab ich die neuen Fundstücke nach dem Bestimmen immer nur fotografiert und das mühsame Pressen und Archivieren für unnötigen Aufwand gehalten. Die paar Wochen Arbeit an meinem ersten gepressten Pflanzenarchiv haben mich nun eines Besseren belehrt. Es ist ein Riesenunterschied, ob man die Pflanze nur einmal kurz fotografiert oder aber über einen längeren Zeitraum fast täglich in die Hand nimmt.

Das korrekte Pressen und Aufbereiten der Pflanzen ist doch ziemlich aufwändig. Nachdem man die blühende Pflanze im Idealfall mit allen Teilen – also auch samt Wurzeln – heimgebracht hat, wird sie in Küchenrolle und Zeitungspapier eingeschlagen erst einmal kurz angepresst. Dann packt man sie nochmals aus, korrigiert gegebenenfalls die Lage der Pflanzenteile und gibt sie dann vorsichtig zurück in den Press-Stapel. Wichtig dabei ist immer, die einzelnen Fundstücke korrekt zu beschriften (Name der Pflanze, Datum, Fundort).

Zwischen jede Pflanzenlage im Stapel gibt man nun eine Lage Karton, wobei man in Summe nicht mehr als fünf Pflanzen aufeinander stapeln sollte.
Es ergibt sich also folgende Schichtung:

Schichtung Pflanzenpresse Herbarium

Pressen kann man die so verpackten Pflanzen auf vielfältige Art und Weise. Einen Teil hab ich einfach zwischen zwei robuste Holzplatten gelegt und mit einer ausgehängten Türe auf der Baustelle beschwert.
Einen anderen Stapel hab ich mit Schraubzwingen zusammengepresst, einen dritten einfach mit ein paar schweren Klinkerziegeln beschwert. Zum Glück gibts im Haus sowohl genug Platz als auch genug schweres Baustellenmaterial.

Derartig beschwert werden die Pflanzen nun so lange gepresst, bis sie gut getrocknet und konserviert sind. Im Idealfall bleiben dabei sogar die Blütenfarben erhalten.
Die Küchenrolle sollte man dabei je nach Bedarf wechseln – am Anfang bei sehr fleischigen Pflanzen am besten mehrmals täglich. Wobei eine tägliche Kontrolle ohnehin Pflicht ist.

Und genau hier setzt der gewünschte Lerneffekt an: Eine Pflanze, die man bis zur vollständigen Trocknung über bis zu zwei Wochen täglich begleitet, vergisst man ein Leben lang nicht mehr. Jeden Tag prägt sich das Bild von Blüten, Blattformen, Blattständen etc. erneut ein und wird so unverrückbar mit der jeweiligen Pflanze assoziiert. Während ich früher bei ähnlich aussehenden Pflanzen immer wieder das Bestimmungsbuch zu Rate ziehen musste, kenne ich diese Kandidaten aus meinem Herbarium mittlerweile auf einen Blick auseinander.

Die konservierten Pflanzenteile werden später mit feinen Nassklebestreifen auf Papierbögen geklebt, mit Klarsichthüllen geschützt und nach Pflanzenfamilien sortiert abgelegt. Ich hab mich entschieden, mein Herbarium in DIN A3 auszuführen, weil es bei vielen Pflanzen doch schwierig ist, sie auf kleinen Bögen schön vorzustellen. Man denke beispielsweise an Beinwell, Karde und Klettenwurzel – alles riesengroße tolle Heilpflanzen, die meines Erachtens einfach reingehören. Bis jetzt bin ich nur daran gescheitert, einen entsprechend dicken A3-Ordner im Hochformat für meine gesammelten Werke aufzutreiben. Die erhältlichen acht Zentimeter Rückenstärke werden für 40 Pflanzen samt Begleitblättern etwas knapp. Vielleicht bau ich mir dafür selber einen schönen Holzordner. Mal sehen.

Fazit: Die Arbeit lohnt sich, ist trotz des Aufwands wunderbar entspannend und das Ergebnis ist (hoffentlich) ein selbstgemachtes Nachschlagewerk, das einen ein Leben lang begleitet.

Der junge Biologe, der uns die Botanik im Kurs näherbringt, hat eine wirklich schöne Pflanzenpresse selber gebaut, bei der die einzelnen Lagen exakt übereinander auf Gewindestangen gefädelt und dann niedergeschraubt werden. Sobald ich ein bisschen mehr Zeit habe, möchte ich mir auch so etwas fabrizieren. Zur Bewältigung der großen Pflanzenanzahl jetzt zu Beginn wäre eine Presse vermutlich zu wenig. Aber die Arbeit geht ja weiter, und so ein dekoratives kompaktes Ding bräuchte ich dann nicht auf der Baustelle zu verstecken, sondern es könnte seinen Platz auch im Wohnzimmer finden.

Bauplan Pflanzenpresse

Eine kleine Anekdote am Rande: Eine Mit-Studentin im Kurs hat angesichts des Aufwands spaßhalber gemeint: „Meine Güte, das macht ja fast so viel Arbeit wie meine Kinder!“ Worauf der Biologe ganz empört gemeint hat: „Hey, das SIND in den nächsten Wochen eure Kinder.“ Womit klar war, dass hier jemand Pflanzen aus ganzem Herzen liebt. Und ich kann mich da mittlerweile anschließen – ohne meine grünen Freunde geht gar nichts mehr.

Also, ich bin dann mal weg … Material sammeln, Werkzeug sichten. 🙂

 

Babsi@nline
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